Ausgerechnet Jetzt

Der Moment, wenn du keine Wahl mehr hast.
Auszug aus dem neuen Buch von Hans Steinke

Kapitel: Macht und Ohnmacht – oder Demut

Macht oder Ohnmacht sind Ausdruck der Identifikation mit der Idee: Ich bin der Handelnde. Ich bin derjenige der etwas macht.  Ich bin die Person, die das Leben in der Hand hat. Macht ist also der Ausdruck einer persönlichen Leistung. Ich kann etwas tun oder im gegensätzlichen Fall kann ich nichts mehr tun. Macht und Ohnmacht bedingen sich miteinander und sind ein Hinweis auf das permanente Hin und Her unseres persönlichen Alltags, unserer Beziehungen miteinander. Das Eine kann ohne das Andere nicht existieren.
Macht kalkuliert immer Ohnmacht mit ein. Das ist einfach unser jahrtausend Jahre altes Denkkonzept  –  wie das Denken den Lebensablauf versteht und permanent auf neue Denker überträgt.
Die Identifikation mit Macht äußert sich im persönlichen Willen. Es muss also eine Person dazu existieren die Macht hat und die dann immer wieder, früher oder später, feststellt, das es in Ohnmacht endet um sich dann erneut wieder in Macht (haben wollen) aufzubäumen.
Solange wir an diesen Vorstellungen des denkenden Verstandes glauben, es also für die Wahrheit halten ist dieser Vorgang nicht anzuhalten – und das was wir Demut nennen, kann nicht sichtbar bzw. wird nicht wahrgenommen werden.
Macht und Ohnmacht sind zwei Begriffe die auf permanenten Kampf hinweisen. Es ist die gedankliche Grundlage für Trennung. Wenn wir genau hinschauen ist es unser angelernter Alltag. Daran ist nichts falsch, zwar tief eingebrannt, aber es muss daran auch nichts verändert werden.

Demut ist deshalb nur ein Hinweis, dass es etwas gibt, das nicht an das Denken gebunden ist und damit direkt auf das Wesentliche kommt.
Und was ist das Wesentliche für dass, das Wort Demut ein Hinweis ist?
Love.

Die Antwort auf die Lösung, die Auflösung von Kampf und demzufolge Trennung ist: Liebe. Liebe ist ein Phänomen im Universum das nicht an einen Körper-Verstand-Organismus gebunden ist. Ich spreche hier nicht von dem sich verlieben oder verliebt sein. Nein. Liebe ist in Wirklichkeit außerkörperlich. Liebe ist ungebunden an die Form- und Zeitvorstellungen des denkenden Verstandes.
Der Verstand und damit unsere persönlichen Ansichten vom Leben sind an Getrennt Sein, oder ich oder du und  Kampf (dazu gehören immer mindestens Zwei, oder?) gekettet.
Demut allerdings weist auf Nichtgetrennt sein hin. Auf das was wirklich ist. Darauf, das alles Eins ist und das in diesem unbegrenzten Pool von Existenz es nur Eines gibt – also nichts Zweites – und das ist Bewusstsein.
Das ist natürlich für den denkenden Verstand nicht nachzuvollziehen und er ist deshalb auch ständig damit beschäftigt etwas zu verstehen. Entsprechend seiner Unwissenheit denkt er eben viel nach, macht sich viele Gedanken ÜBER die Wirklichkeit, weil er sie eben nicht verstehen kann – das uns aber hier nicht weiter kümmern soll.

So, was ich sagen will, ist, das es eigentlich unwesentlich ist, sich weiter mit der Vorstellung von Macht oder Ohnmacht zu beschäftigen – das wird nun ja wohl schon lange genug ohne ein veränderliches Resultat veranstaltet – sondern was ich vorschlage, das wir uns gleich auf Demut hin ausrichten.

Demut ist ein Wort, das auf deine praktische Ausrichtung des Alltags mit Liebe hinweist. Der Weg der Demut ist ein absolut konkreter und praktischer Vorgang, mit ganzem Herzen auf den jetzigen Augenblick ausgerichtet zu sein. Du schaust also weniger aus den Augen, sondern direkt aus dem Herzen. Direkt und Jetzt. Jetzt und Direkt ist ein und dasselbe.
Demut ist eine Begegnung mit dem Wesentlichen. Eine Konfrontation mit dir selbst. Nicht als denkender Verstand, oder als eine Person, sondern bewusst erweitert mit dem ganzen Herzen zu sein. Wohlgemerkt: Mit Ganzem Herzen. Demut ist also ein Hinweis GANZ zu sein und d.h. zu sein was du bist. Die Schlussfolgerung daraus ist doch unübersehbar klar die, dass du Demut bist.
Demut, stellt sich also heraus, BIST DU … Macht und Ohnmacht demzufolge, Machst Du.

Das ist der Unterschied zwischen den Machenschaften der begrenzt denkenden Person und seines sogenannten persönlichen Willens und DEMUT.

DEMUT – und ich finde es klarer es ab jetzt groß zu schreiben, damit es ganz deutlich lesbar ist. DEMUT ist was du wirklich bist. Es ist keine Person oder Persönlichkeit und demzufolge auch nichts, dass irgend jemand und irgendwas, persönlich nehmen könnte. DEMUT ist etwas absolut Unpersönliches.
Das ist ja gerade die schwindelerregende Erkenntnis in DEMUT.
DEMUT ist etwas was in Wirklichkeit ohne dich geschieht.
DEMUT ist ein Geschehen. Ein Unpersönliches Geschehen.  Ein Geschehen das aus der Liebe direkt geschieht.
Macht und Ohnmacht sind persönliche und gedankliche Konstrukte, die DEMUT, also dich, in Wirklichkeit begrenzen. Aber natürlicher Weise haben gedankliche Konstrukte überhaupt nicht die Macht der Wirklichkeit zu trotzen, deshalb folgt die Ohnmacht ihr immer auf dem Fuß. Macht bracht Ohnmacht, weil es sonst nichts gebe, worüber es Macht haben könnte.

DEMUT steht total für sich selbst. Vollkommen allein. DEMUT hat kein Gegenüber. DEMUT ist einzigartig  –   und all das ist, was Du als Person nicht bist. Vielleicht bist du etwas Besonderes als Person, aber du bist immer wieder getrennt und aufgeteilt darin – es existiert immer wieder noch Etwas, Jemand oder Anderes  – und einzigartig ist meistens dann ständig der Gefahr ausgesetzt, dem Stress und der Anspannung, deine sogenannte Besonderheit verteidigen und beschützen zu müssen.
DEMUT, das kann jetzt ganz klar gesagt werden, ist also keine persönliche Errungenschaft oder Leistung, sondern ein Geschenk des Himmels auf Erden, eben nichts Besonderes, sondern etwas ausgesprochen Natürliches.
DU bist DEMUT, nicht als Person, sondern als genau So Sein. DEMUT ist unsere Natur.

Wenn du dann also irgendwann die entscheidende Frage: “Wer bin ich” stellst, muss sie aus ganzen Herzen gestellt werden, sonst wirst du die Antwort nicht bemerken und sie wird halbherzig und intellektuell bleiben und deshalb nicht von Dauer sein.
So, ob du es nun persönlich so siehst oder nicht – ob du es nun so willst oder nicht willst, ist in meinem Zusammensein mit Menschen wirklich nur noch nebensächlich.

Liebe ist die Antwort – und DEMUT ist die gelebte Art und Weise die Antwort zu lieben.
DEMUT ist also kein Weg, sondern die Art und Weise, wie du bist.

Nun zum Schluss noch einmal die Frage wen kümmert eigentlich Macht und Ohnmacht. Die Antwort ist ganz einfach: Das Ego, der persönlichen Wille oder die begrenzte Sicht des denkenden Verstandes, ist das einzige die sich dafür interessieren, den sie sind das Schöpfergespann – die drei Einigkeit –  dessen.

DEMUT ist, wenn Du nicht bist, wenn das EGO nicht anwesend ist. Das war allerdings schon immer so und es haben sich nur die Gedanken an Macht und ihre Stimmungen der Ohnmacht im Wechsel darüber gelegt. Mehr nicht. Aus diesem Blickwinkel betrachtet sind die Machenschaften der Macht ganz einfach zu durchschauen und in Wirklichkeit als machtlos zu entlarven.
Dass das für den Machthaber nicht so einfach zu nehmen ist, ist ja ganz offensichtlich, genau so wenig wie für den Ohnmächtigen. Beide hätten nicht die geringste Bedeutung mehr – und das können sich die beiden “Mächtigen” nicht leisten. Über den Allmächtigen möchte ich hier gar nicht erst ein Wort verlieren.

Deshalb zum Schluss meines kleinen Essays zur Macht und Ohnmacht des Denkens und der DEMUT des Seins möchte ich nur noch auf einen Moment in meinem Leben zu sprechen kommen. Es ist der Satz den ich nie vergessen werde, denn als ich ihn sagte, war es der Anfang des Endes aller meiner Machtgelüste:

If a morning breeze can blow off my resistance and power, it was worth nothing.

(“Wenn eine Morgenbrise meinen Widerstand und Macht verjagen kann, dann waren sie nichts wert.”)
Das ist wahr. Das ist wirklich so wahr.

Hans Steinke – Oktober 2010

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